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Plattform-Ökonomie: Was ist das eigentlich?

Plattform-Ökonomie: Was ist das eigentlich?

10. November 2017Tags: Keine Kommentare Simon Krüger

Plattform-Ökonomie ist das zentrale Geschäftsmodell der digitalen Ökonomie. Dabei stellt sie bisherige Wertschöpfungsketten und Vertriebswege radikal in Frage. Plattformen fungieren erfolgreich als Vermittler zwischen Anbieter und Nachfrager, erweitern bestehende Märkte und Geschäftsfelder oder schaffen sogar komplett Neue.

Google, Amazon und Facebook sind wahrscheinlich die bekanntesten Plattformen, gefolgt von Alibaba, Airbnb und Uber. Die Plattformen bedienen ganz unterschiedliche Nachfragen – haben aber doch eins gemeinsam: Sie verringern und vereinfachen enorm den Suchaufwand, vermitteln Angebote, die ohne die Plattform wahrscheinlich unentdeckt geblieben wären, zudem kann das Geschäftsmodell sehr schnell angepasst und skaliert werden. Am bedrohlichsten ist für bestehende Marktteilnehmer aber die Senkung der Transaktionskosten und Markteintrittsbarrieren für neue Teilnehmer. Auf diese Weise werden Gewinnmargen drastisch reduziert sowie Entwicklungs- und Produktlebenszyklen extrem verkürzt.

Airbnb dient als gutes Beispiel: Ist es einmal programmiert, dann kann die Plattform ganz einfach ein neues Zimmer in das individuelle Portfolio aufnehmen und erweitern. Für ein traditionelles Hotel dagegen ist es langatmig und kostenintensiv neue Standorte zu erschließen und zu bebauen. Dabei scheint es allerdings, als habe Deutschland vor allem im Konsumentenmarkt den Aufbau und Betrieb von Plattformen weitestgehend verschlafen. Die größten Anbieter kommen ausnahmslos aus dem Silicon-Valley oder China. Aktuell lässt sich ein Trend dahingehend erkennen, dass sich neben dem B2C auch im B2B-Bereich zunehmend Plattformmodelle etablieren. Auf diesen Plattformen haben Unternehmen die Möglichkeit auf sie zugeschnittene Produkte und Dienstleistungen nachzufragen und zu handeln.

Die Bedeutung der Plattformen für die New-Economy lässt sich auch an ihrem Börsenwert ablesen: Alleine die vier größten Plattformbetreiber (Alphabet, die Mutter von Google, Amazon, Facebook und Alibaba) sind ein Vielfaches mehr wert, als alle Dax30 Unternehmen zusammen.

Warum sind Plattformmodelle so erfolgreich?

Plattformen bringen zunächst einmal lediglich Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen mit möglichen Kunden zusammen. Für die Kunden hat das den Vorteil, dass an einer Stelle bequem verschiedene Anbieter verglichen und ausgewählt werden können. Zugleich gewährt ihnen der Plattform-Anbieter häufig die Sicherheit, dass die Verkäufer vertrauenswürdig sind. Die Verkäufer haben den Vorteil, dass sie ihre Produkte oder Dienstleistung an einer zentralen Stelle anbieten können und Zugang zu einer Vielzahl von Kunden bekommen. Weiterhin müssen sie keine eigenen Vertriebswege aufbauen und langwierige Kundenakquise betreiben. Bei einigen Plattformen übernimmt außerdem der Betreiber das Risiko des Zahlungsausfalls. Die Erlösmodelle der Plattform-Betreiber sehen wie folgt aus: Er kann von den Anbietern, den Kunden oder von beiden eine Gebühr für jede Transaktion oder ein Entgelt für den Zugang zur Plattform verlangen. Der Plattform-Betreiber muss selbst keine Waren herstellen oder Dienste anbieten, er fungiert Intermediär und betreibt den digitalen Marktplatz.

Was sich zunächst nach Profiten für alle Beteiligten anhört birgt allerdings auch neue Herausforderungen, für Anbieter sogar auch Nachteile: Sie verlieren den direkten Kundenkontakt und sind den Geschäftsbedingungen und Regelungen der Plattformen unterworfen. Weiterhin ist eine Plattform nur so reizvoll, wie die Anzahl der Nutzer, die auf ihr aktiv sind. Denn je mehr Nutzer auf der Plattform aktiv sind, desto größer und vielfältiger ist das Angebot. Neben der Anzahl der User spielt auch der Umfang der angebotenen Zusatzdienste eine große Rolle.

Ein gutes Beispiel ist das iPhone: Es wurde auch deshalb so erfolgreich, weil der integrierte App-Store eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um die Funktionalität zu erweitern. Jeder Nutzer kann sein iPhone durch das Hinzufügen von Apps nach seinen Wünschen personalisieren. Außerdem gilt für Plattformen, noch mehr als für alle anderen digitalen Dienste, das „Olympia-Prinzip“: Nur die größten und erfolgreichsten Plattformen, mit den meisten Nutzern und dem besten bzw. größten Ökosystem, werden sich auf Dauer am Markt durchsetzen. Außerdem ist bei allen Plattformbetreibern ein Trend, möglichst alle Bereiche der Wertschöpfungskette der Plattform mit eigenen Diensten zu besetzen und das Angebot der Plattform in bisher marktfremde Bereiche auszudehnen, zu erkennen.

Im Zuge der Plattformökonomie verschieben sich die Marktmacht und die Renditen vom Produzenten weg – hin zu Plattformbetreibern und Konsumenten. Die Plattformen verschieben die Wertschöpfung nicht nur innerhalb eines Marktes, sondern auch zwischen Staaten: Wenn wir früher in Deutschland ein Taxi bestellt haben, ein Buch gekauft oder ein Hotelzimmer in einem Reisebüro gemietet haben, sind 100 Prozent der Erlöse in Deutschland geblieben und mussten hier versteuert werden. Heute fließt bei jeder Zimmerbuchung auf Airbnb, bei jedem Kauf auf dem Amazon-Marktplatz und bei jedem Klick auf eine Google-Werbung Geld aus Deutschland in das Land des Plattformbetreibers. Somit verschiebt sich der Wohlstand hin zu den Ländern, aus denen die erfolgreichen Plattformbetreiber kommen.

Im Zuge der vorschreitenden Digitalisierung wird die Bedeutung von Plattformen weiterhin zunehmen. Es gilt ausstehende Fragen bezüglich Wettbewerbsschutz, Konsumenten- und Anbieterrechten sowie die zunehmende Marktmacht der Plattformen zu diskutieren.

 

Quellen:

https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutsche-Unternehmen-ignorieren-Plattform-Oekonomie.html

https://netzoekonom.de/2017/02/10/wie-deutsche-unternehmen-die-plattform-oekonomie-verschlafen-2/

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